Modalverben: Kannst du das? Willst du das? Musst du das?

In diesem Artikel geht es um Modalverben: Sie sind viel mehr als Erlaubnis, Verbot oder Möglichkeit! Was machen Modalverben überhaupt? Schau dir mal die folgenden Beispiele an:

  • Ich will tanzen. 
  • Ich kann tanzen. 
  • Ich darf tanzen. 
  • Ich soll tanzen. 
  • Ich muss tanzen. 
  • Ich möchte tanzen.

In allen sechs Beispielen geht es ums Tanzen, aber jedes Beispiel hat eine andere Bedeutung. Denn Modalverben haben die Funktion, ein Verb wie tanzen oder schlafen zu modifizieren. Damit ändert sich die Bedeutung einer Aussage bzw. des Satzes. 

Tanzen kann ein Wunsch sein, eine Fähigkeit oder eine Möglichkeit, eine Erlaubnis, eine Aufforderung oder Notwendigkeit, eine Pflicht oder auch eine Absicht. Modalverben nutzt man meistens mit einem anderen Verb im Infinitiv, also in seiner Grundform: Ich will tanzen (Infinitiv). 

Das muss aber nicht immer so sein, schau dir mal diese Beispiele an:

  • Ich will ein Eis. 
  • Du darfst das nicht! 
  • Kannst du Deutsch?

Auch wenn in diesen Sätzen kein Infinitiv am Ende steht, wissen wir, dass man ein Eis isst, dass du eine Sache nicht machen darfst und dass man Deutsch sprechen kann.

Die wichtigsten Modalverben im Deutschen sind: können, dürfen, wollen, sollen, müssen und möchten (=mögen).

 

1. Können

Das Modalverb „können“ drückt eine Fähigkeit oder Möglichkeit aus. Es zeigt, dass jemand etwas kann, beherrscht oder in der Lage ist, etwas zu tun.

  • Ich kann gut schwimmen. (Fähigkeit: Ich habe gelernt, wie man schwimmt.) 
  • Kannst du mir helfen? (Möglichkeit: Bist du in der Lage, mir zu helfen?) 
  • Er/sie/es kann nicht gut schlafen. (Unfähigkeit: Ich bin nicht in der Lage…) 
  • Wir können ab 8 Uhr in die Sprechstunde. (Wir haben die Möglichkeit, die Sprechstunde ab 8 Uhr zu besuchen.) 

 

2. Dürfen

„dürfen“ bedeutet, dass man die Erlaubnis hat, etwas zu tun. Es zeigt, was erlaubt ist. Etwas „nicht dürfen“ ist das Gegenteil, es handelt sich also um ein Verbot:

  • Darf ich hier parken? (Erlaubnis: Ist es erlaubt, hier zu parken?) 
  • Er/sie/es darf am Wochenende ins Kino gehen. (Erlaubnis: Die Eltern erlauben, dass die Kinder am WE ins Kino gehen.)
  • Wir dürfen hier nicht rauchen. (Negation mit nicht/kein- = Verbot: Es ist verboten, hier zu rauchen.) 
  • Sie/sie dürfen in der Schule ihr Handy nicht nutzen. (Verbot: Es ist Kindern verboten, in der Schule ihr Handy zu nutzen.)

Oft gibt es Probleme mit dem Unterschied zwischen dürfen und können, weil es in vielen Sprachen nur ein Verb dafür gibt. Man benutzt das Verb dürfen auch oft für etwas, was legal ist, z. B. darf man in Deutschland mit 16 Jahren Bier trinken. Das ist legal, also erlaubt. In den USA darf man mit 16 Jahren Auto fahren, aber man darf keinen Alkohol trinken. 

Mit einer Negation wird ein Verbot oder etwas Illegales ausgedrückt. Den Unterschied zwischen etwas dürfen (= es ist erlaubt) und etwas können (= ich habe etwas gelernt) möchte ich dir mit einem schönen Beispiel erklären:

Dieses Kind kann Auto fahren, aber es darf noch kein Auto fahren. Klar, oder?

 

3. Müssen

„müssen“ drückt eine Notwendigkeit oder einen Zwang aus. Es zeigt, dass etwas obligatorisch ist oder getan werden muss und es keine Alternative gibt.

  • Ich muss morgen früh aufstehen. (Notwendigkeit: Es ist notwendig, dass ich morgen früh aufstehe, damit ich pünktlich zur Arbeit komme.)
  • Du musst das sofort erledigen! (Zwang: Es ist erforderlich, dass du das sofort erledigst.)
  • Er/sie/es muss im Deutschkurs Deutsch sprechen. (Zwang/“obligatorische” Regel: Im Deutschkurs gibt es die Regel, Deutsch zu sprechen.) 

Achtung: Wenn ich etwas nicht muss, bedeutet das kein Verbot, sondern, dass es keinen Zwang gibt oder ich keine Obligation habe: 

Am Wochenende muss ich nicht früh aufstehen, weil ich nicht arbeiten muss. Das bedeutet, ich kann ausschlafen!

 

4. Sollen

„sollen“ wird verwendet, um eine Empfehlung oder Verpflichtung auszudrücken, die oft von einer anderen Person kommt. Es zeigt, dass etwas von jemandem erwartet wird.

  • Soll ich das Fenster schließen? (Wunsch einer anderen Person: Möchtest du, dass ich das Fenster schließe?)
  • Du sollst mehr Gemüse essen.  (Empfehlung/Wunsch einer anderen Person: Deine Mutter z.B. will, dass du mehr Gemüse isst.) 
  • Wir sollen die Hausaufgabe morgen abgeben. (Verpflichtung: Die Lehrerin möchte, dass die Schüler die Hausaufgabe morgen abgeben.) 
  • Ihr sollt nicht so laut sein! (Verpflichtung: Jemand möchte nicht, dass wir laut sind.) 

 

Das Verb sollen wird auch genutzt, um Vorschläge zu machen, z.B.: 

  • Sollen wir zusammen lernen? Das bedeutet: Möchtest du, dass wir zusammen lernen?
  • Sollen wir am Wochenende gemeinsam kochen? Oder: Soll ich dir etwas Leckeres kochen?

 

Du kennst sollen bestimmt auch im Konjunktiv II, dann ist es “sollte”. Dieses Verb wird oft benutzt, um Ratschläge zu geben, z.B.: Du solltest mehr Gemüse essen.

Es ist wichtig, dass du den Unterschied kennst:

  • Du sollst mehr Gemüse essen. = Jemand, z.B. deine Mutter oder Ärztin, hat dir gesagt: Iss mehr Gemüse!
  • Du solltest mehr Gemüse essen. = Ratschlag im Konjunktiv II

Der erste Satz ist kein Ratschlag, sondern eine Verpflichtung oder Empfehlung von einer anderen Person und wirkt daher stärker.

Wichtig ist auch der Unterschied zum Modalverb müssen. Schau dir mal diese beiden Beispiele an:

  • Ich soll Deutsch lernen.
  • Ich muss Deutsch lernen.

Im ersten Satz kommt die Verpflichtung bzw. der Wunsch von einer anderen Person, z.B.: 

  • Mein Chef will, dass ich Deutsch lerne. = Ich soll Deutsch lernen.

Im zweiten Satz geht es entweder darum, dass ich das selbst will oder dass Deutsch z.B. ein obligatorisches Fach an meiner Schule ist.

 

5. Wollen

Mit „wollen“ drückt man einen starken Wunsch, eine Absicht oder einen Plan aus. Es zeigt, was jemand will oder vorhat.

  • Ich will Arzt werden. (Wunsch: Mein Ziel oder Wunsch ist es, Arzt zu werden.) 
  • Willst du mit mir ins Kino gehen? (Absicht: Hast du die Absicht/den Wunsch, mit mir ins Kino zu gehen?)
  • Wir wollen eine Weltreise machen. (Wunsch: Unser Plan ist es, eine Weltreise zu machen.) 
  • Wollt ihr das Projekt diese Woche beenden? (Plan/Ziel: Habt ihr vor, das Projekt diese Woche zu beenden?)

Mit diesem Modalverb kannst du also deine Wünsche und Pläne ausdrücken, aber „wollen” ist ein wenig unhöflich, wenn du etwas von einer anderen Person möchtest.  

 

6. Möchten” (=mögen)

Zuerst eine wichtige Information: Eigentlich ist „möchten” kein Infinitiv, sondern der Konjunktiv II von dem Verb mögen. „möchten“ drückt einen höflichen Wunsch aus und ist daher eine schöne Alternative zum Modalverb wollen. Benutze also eher „Ich möchte”, wenn du z. B. in einem Café bist.

Hier ein paar Beispiele:

  • Ich möchte am Wochenende ans Meer fahren. (Ich habe den Wunsch, ans Meer zu fahren.) 
  • Möchtest du dieses Jahr eine Deutschprüfung machen? (Wunsch/Ziel/Absicht: Hast du vor, eine Deutschprüfung zu machen?)
  • Er/sie/es möchte heute nicht in die Schule gehen. (Wunsch: Das Kind hat nicht den Wunsch, heute in die Schule zu gehen.) 
  • Wir möchten ein Kilo Tomaten, bitte. (Wunsch: Wir würden gerne Tomaten kaufen.) 

Die Verben wollen und möchten werden in vielen Kontexten gleich genutzt. Wenn du also nichts von einer anderen Person willst, sondern von dir selbst oder etwas anbietest, ist wollen vollkommen okay.

Das Verb wollen drückt generell einen stärkeren Wunsch aus, schau mal:

  • Der Chef möchte mit dir sprechen. 
  • Der Chef will mit dir sprechen. 

Im zweiten Satz ist der Wunsch stärker als im ersten, weil Wünsche mit möchten höflicher und nicht so direkt sind. Und auch der Ton macht die Musik.

 

Kommen wir zum Schluss zum Satzbau und zu den verschiedenen Zeiten:

  • Präsens: Ich kann seit Tagen nicht gut schlafen.
  • Präteritum: Klaus wollte seiner Frau einen Blumenstrauß schenken.
  • Perfekt: Wir haben bis spät in die Nacht arbeiten müssen.
  • Plusquamperfekt: Sie hatten eigentlich im Sommer heiraten wollen.
  • Futur I: Ihr werdet die Prüfung schaffen können.

Das Futur II brauchst du nicht, da es nicht gebräuchlich und viel zu kompliziert ist! 😀

Du siehst, dass in Hauptsätzen das Modalverb links steht, wenn der Satz im Präsens oder Präteritum steht. Wenn es aber eine zusammengesetzte Zeit ist, so wie beim Perfekt, Plusquamperfekt oder Futur I, dann steht das konjugierte Hilfsverb links und das Modalverb ganz am Ende rechts mit einem doppelten Infinitiv.

Und wo stehen Modalverben in Fragen? Schau mal:

  • Präsens: Kann ich dich mal was fragen?
  • Präteritum: Wolltest du mich nicht um 8 Uhr anrufen?
  • Perfekt: Warum habt ihr meine Hilfe nicht annehmen wollen?
  • Plusquamperfekt: Hatte das Paar sich nicht eigentlich trennen wollen?
  • Futur I: Wird er mir jemals verzeihen können?

Wie du siehst, steht auch in Fragen das Modalverb links, außer in zusammengesetzten Zeiten. Klar, es sieht so aus, als wäre es normalerweise am Satzanfang, aber am 3. Beispiel im Perfekt siehst du, dass ein Fragepronomen (warum) vorne steht, wenn es eins gibt.

Ich hoffe, du konntest wieder etwas Neues lernen und willst dich immer weiter verbessern!

Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und schicke dir 
viele liebe Grüße
Deine Deutschlehrerin Julia