Der Konjunktiv II einfach erklärt | Deutsch lernen A2/B1/B2

Hätte, hätte, Fahrradkette?

Heute geht es um den Konjunktiv II und ich erkläre dir alles, was du darüber wissen musst!

Der Konjunktiv II hat hauptsächlich drei Aufgaben in unserer Sprache, deshalb siehst und hörst du ihn auch so oft und manchmal fragst du dich bestimmt auch, warum in manchen Sätzen der Konjunktiv steht. Nach dieser Lektion kennst du die Antwort!

Wir fangen mal mit der ersten Funktion vom Konjunktiv II an:

1.) Wir benutzen ihn, wenn wir höflich sein wollen:

  • Entschuldigung, hätten Sie einen Moment Zeit für mich?
  • Oder: Sorry, hättest du nen Moment Zeit für mich?

Achtung: Höflichkeit gilt nicht nur, wenn wir andere siezen, sondern auch unter Freunden oder allgemein mit Leuten, die wir duzen.

 

2.) Wir brauchen den Konjunktiv II auch für Vorschläge und Meinungen:

  • Du weißt nicht, was du am Wochenende machen sollst?
    Du könntest doch mal wieder ein paar alte Freunde anrufen.
  • Du glaubst, du wirst niemals richtig Deutsch lernen?
    Also wenn ich du wäre, würde ich diesen Gedanken nie wieder denken, sondern immer positiv bleiben!

 

3.) Du brauchst den Konjunktiv II auch, wenn du Bedingungen, Wünsche und Dinge, die nicht real sind, ausdrücken möchtest.


Mein Lieblingsbeispiel: Bist du Millionär? Wahrscheinlich nicht, oder? Ich auch nicht!

  • Aber wenn ich Millionärin wäre, dann würde ich eine tolle Weltreise machen und meiner Familie ein schönes Haus in den Alpen kaufen.
  • Ich könnte so vieles machen!
  • Und du, was würdest du machen, wenn du Millionär wärst?

 

Die Verbformen im Konjunktiv II sind eigentlich gar nicht so schwierig, denn für die allermeisten Verben benutzt man einfach „würde + Infinitiv“.

 

Aber die wenigen Verben, die richtige Konjunktivformen haben, benutzen wir sehr oft und das sind vor allem die Verben habenseinwerden und die Modalverben – das sind wirklich nur wenige Verben. Außerdem nutzt man auch oft diese Verben ohne „würde“: gebengehen, wissen, finden und kommen

Hier sind ein paar Beispiele im Präsens für dich:

 

ich bin

ich wäre

ich habe

ich hätte

ich muss

ich müsste

ich kann

ich könnte

ich darf

ich dürfte

ich soll

ich sollte*

ich will

ich wollte*

es gibt

es gäbe

es geht

es ginge

ich weiß

ich wüsste

ich finde

ich fände

ich komme

ich käme

*Achtung: Diese Verben haben im Konjunktiv II keinen Umlaut!

 

Außerdem gibt es noch eine gute Nachricht: Es gibt den Konjunktiv nicht in allen sechs Zeiten. Es gibt nur die Gegenwart, also das Präsens und eine Vergangenheitszeit. Und es wird noch besser: Selbst das Passiv im Konjunktiv ist eher eine Seltenheit! 

 

Wir gehen jetzt die drei Möglichkeiten der Verwendung durch, schauen uns die Formen an und dann hast du alles Wichtige über den Konjunktiv II gelernt!

 

1.) Der Konjunktiv II für höfliche Bitten

Hier sind noch ein paar Beispiele für Höflichkeit:

  • Möchten Sie eine Tasse Kaffee?
  • Ja, ich hätte gerne einen Cappuccino.
  • Könntest du mir kurz helfen?
  • Würdest du mich am Sonntag vom Flughafen abholen?
  • Dürfte ich dein Handy schnell benutzen?
  • Wären Sie so freundlich, mir eine Kopie von meinem Zeugnis zu machen? 

 

Achtung: Man kann natürlich auch ganz ohne den Konjunktiv höflich sein:

  • Einen Cappuccino, bitte.
  • Kannst du mir bitte kurz helfen?
  • Holst du mich vom Flughafen ab, bitte?

 

Um höflich zu sein, reicht also schon ein einfaches „Bitte“ und danach ein Dankeschön und vielleicht noch ein nettes Lächeln dazu. Im Deutschen sagen wir: Der Ton macht die Musik. Egal, ob mit oder ohne Konjunktiv.

Wichtig: Die Vergangenheit brauchen wir für höfliche Bitten selten, denn wir wollen ja meistens etwas jetzt oder in der Zukunft von jemandem und für beides benutzen wir das Präsens.

 

2.) Der Konjunktiv II für Vorschläge, Ratschläge und Meinungen

Stell dir mal die folgende Situation vor: Jemand hat viel Stress im Job und ist sehr unzufrieden. Natürlich haben seine Familie und Freude viele gute Ratschläge:

  • Du solltest dir einen anderen Job suchen.
  • Du müsstest mal mit deiner Chefin sprechen.
  • Also ich (an deiner Stelle) würde sofort kündigen.
  • Es wäre besser, wenn du dich nicht so stressen würdest.

 

Solche Vorschläge formuliert man in der Regel mit Modalverben, so wie in den ersten beiden Sätzen. Aber es geht auch ohne, so wie in den letzten beiden Sätzen. Diese Ratschläge beziehen sich auf die Zukunft, also darauf, was die Person tun kann, um weniger Stress zu haben.

 

Man kann solche Empfehlungen natürlich auch für die Vergangenheit machen. Aber solche Ratschläge sind nicht besonders hilfreich, sondern eher ziemlich kritisch:

 

  • Du hättest mit deiner Chefin sprechen sollen.
  • Du hättest dieses neue Projekt nicht anfangen dürfen.
  • Ich (an deiner Stelle) hätte schon vor einem Monat gekündigt.
  • Es wäre besser gewesen, wenn du dich nicht so gestresst hättest.

 

Du siehst, dass das Modalverb in der Vergangenheit im Infinitiv und am Satzende steht.

 

3.) Der Konjunktiv II für Irreales 

Wir machen mit dem Konjunktiv II für Bedingungen, Wünsche und Theorien weiter. Schauen wir uns nochmal das Beispiel vom Anfang an, dann wirst du direkt verstehen, worum es hier geht.
Hast du eine Million Euro? Nein? Ich auch nicht.

  • Aber wenn ich eine Million Euro hätte, (dann) würde ich eine Weltreise machen.
  • Vielleicht würde ich mir auch einen Porsche kaufen.
  • Ich könnte das Geld aber auch spenden und damit echte Probleme lösen.

Man nennt diese Sätze auch Konditionalsätze. Das heißt, wenn A passiert, dann kann auch B passieren. Genauer gesagt sind es irreale Konditionalsätze: Wenn A passieren würde, dann könnte auch B passieren.

Die Million Euro ist die Bedingung dafür, dass ich das Geld ausgeben kann.

Hier sind noch ein paar Konditionalsätze ohne den Konjunktiv II, denn sie sind nicht irreal:

  • Wenn es regnet, (dann) wird die Straße nass.
  • Wenn du Hunger hast, (dann) isst du etwas.
  • Wenn ich gestresst bin, (dann) schlafe ich schlecht.  

Was ist hier der Unterschied zu Konditionalsätzen mit dem Konjunktiv II?
Natürlich: Diese Situationen sind real, sie sind echt!
Es regnet oft (zumindest in Deutschland) und du hast wahrscheinlich jeden Tag Hunger und dann isst du etwas, oder? Und wenn ich gestresst bin, passiert es leider immer, dass ich schlecht schlafe. 

Aber die Million Euro, die ist nicht real, denn du hast sie (noch) nicht.

Hier noch ein weiteres Beispiel für Irreales: Bist du Präsident oder Präsidentin deines Heimatlandes? Nein? Ich auch nicht.

Aber wenn ich Präsidentin wäre, (dann) würde ich vieles ändern.
Ich würde mehr Geld in die digitale Bildung investieren, wenn ich Präsidentin wäre.
Jedes Schulkind hätte einen Computer und wüsste genau, wie man mit dem Internet lernt.

Aber ich bin keine Präsidentin und deshalb sind meine Ideen leider nicht real, sie sind irreal. Sie entsprechen nicht der Wirklichkeit.

Ist dir aufgefallen, dass es im dritten Beispiel im Nebensatz „wie man über das Internet lernt“ keinen Konjunktiv gibt? Das liegt daran, dass es Realität ist, dass man im Internet lernen kann. Man braucht hier also keinen Konjunktiv. 

Es ist möglich und üblich, Bedingungssätze mit Modalverben zu formulieren:

  • Wenn ich Präsidentin wäre, (dann) könnte ich vieles ändern.
  • Ich könnte mehr Geld in die digitale Bildung investieren und jedes Schulkind müsste einen Computer bekommen.

Man kombiniert den Infinitiv entweder mit „würde“ oder mit einem Modalverb, beides zusammen geht nicht.

Hier noch andere Beispiele von Konditionalsätzen mit „würde“ bzw. Modalverben: 

  • Wenn es draußen wärmer wäre, würde ich ins Schwimmbad gehen.
  • Wenn es draußen wärmer wäre, könnte ich ins Schwimmbad gehen.
  • Wenn du mehr lernen würdest, müsstest du keine Angst vor deinen Prüfungen haben.
  • Du könntest schon längst im Supermarkt sein, wenn du nicht immer so langsam wärst.

Und zum Vergleich noch der Konjunktiv II in der Vergangenheit: 

  • Wenn ich bei der letzten Wahl Präsidentin geworden wäre, (dann) hätte ich vieles ändern können.
  • Ich hätte mehr in die Bildung investiert/investieren können und jedes Kind hätte gelernt, wie man sich mit dem Computer weiterbildet.
  • Wenn es gestern wärmer gewesen wäre, wäre ich ins Schwimmbad gegangen.
  • Wenn es gestern wärmer gewesen wäre, hätte ich ins Schwimmbad gehen können.
  • Wenn du mehr gelernt hättest, hättest du die Prüfung mit Bestnote bestanden.
  • Wenn du mehr gelernt hättest, hättest du die Prüfung mit Bestnote bestehen können.
  • Du hättest schon längst zum Supermarkt gehen können, wenn du nicht immer so langsam wärst.

Der Konjunktiv II wird sehr oft in der Vergangenheit benutzt. Warum?
Weil wir so gerne über die Vergangenheit sprechen und was wir gerne anders oder besser gemacht hätten. Hier sind ein paar Beispiele für Wünsche, dafür benutzt man auch oft das Wort „doch“:

  • Hätte ich doch vor Jahren Bitcoins gekauft!
  • Wäre ich doch in der Schule ein bisschen fleißiger gewesen!
  • Hätte ich doch schon als Kind Deutsch gelernt!
  • Wäre ich gestern doch früher ins Bett gegangen! 

Aber all das bringt überhaupt nichts, denn es geht im Leben nur nach vorne! 😉

Nun schauen wir uns noch den Konjunktiv II in Nebensätzen an, wenn man ein Modalverb benutzt. Die Struktur ist auf den ersten Blick komplex und nicht ganz einfach, aber sie ist immer wieder gleich:

Ich hätte mehr Freizeit gehabt, wenn ich im Studium nicht so viel hätte lernen müssen.

Das sind jetzt drei Verben am Satzende und sie stehen immer in der gleichen Reihenfolge: Das Modalverb am Ende, vorne das Hilfsverb und in der Mitte das Verb mit der eigentlichen Bedeutung, also „lernen“ und das steht im Infinitiv.

Die gute Nachricht: Diese Strukturen liest und hört man eher selten, aber für das B-Niveau solltest du sie zumindest verstehen und im besten Fall auch mal benutzen können.

Zuletzt möchte ich dir noch eine andere Funktion vom Konjunktiv II zeigen, denn man kann ihn auch in Vergleichen finden.
Hast du schon mal in den grauen Himmel geschaut und gedacht, dass es gleich regnen wird? Dann kannst du Folgendes sagen:

  • Es sieht (so) aus, als würde es gleich regnen.
  • Es sieht (so) aus, als ob es gleich regnen würde.
  • Es sieht (so) aus, als wenn es gleich regnen würde.

Nach “als wenn/ob” steht das konjugierte Verb am Ende, bei “als” steht das Verb direkt dahinter. 

 

Das geht auch mit Personen und meistens werden Verben der Wahrnehmung genutzt:

  • Du siehst (so) aus, als hättest du letzte Nacht ziemlich schlecht geschlafen.
  • Mein Arbeitskollege benimmt sich (so), als wäre er der Chef hier.
  • Er tut immer so, als wüsste er alles besser.
  • Meine Kollegin verhält sich (so), als wenn sie im Büro zu Hause wäre.
  • Es scheint (so), als ob niemand Lust auf diese Besprechung hätte.

Jetzt weißt du alles, was du über den Konjunktiv II wissen musst! 💪 Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und sage tschüss, bis zur nächsten Lektion!

Viele liebe Grüße
Deine Deutschlehrerin Julia